Orientierung
Rechtsdiagramme
Um Veränderungen der Rechtslage zu verbildlichen bieten sich „Rechtsdiagramme“ an. Im Folgenden werden diese erklärt.
Im Recht geht es, wie bei allen Sollensordnungen, um die Beziehung von Sein und Sollen in der Zeit. Auf die Rechtsordnung bezogen: Um die von Geschehnissen in der Realität abhängige Veränderung der Rechtslage. Um diese verändernde zeitliche Dimension sinnvoll darzustellen, bauen die Diagramme auf einem Zeitstrahl auf:

Um die Dichotomie von Sein und Sollen (das „Humesche Gesetz“) darzustellen, ist die obere Hälfte für das konkrete Sein (die Sachlage), die untere für das konkrete Sollen (die Rechtslage) reserviert.
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Um nun die Anwendung der abstrakten Rechtsordnung darzustellen, bedarf es einer dritten Dimension. Die Sach- und Rechtslage betrifft nämlich nur den Einzelfall, ist also konkret. Hierfür orientieren wir uns an folgendem schönen Satz.
„(Die Rechtsnorm) wird bei der Anwendung wie ein Maßstab an konkrete Lebenssachverhalte angelegt.“
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Dieses „Anlegen“ der Rechtsnorm an den konkreten Lebenssachverhalt (die Sachlage) soll durch den Schatten verdeutlicht werden, den die Rechtsnorm wirft.

Selbstverständlich steht die abstrakte Rechtsnorm und die konkrete Sach- und Rechtslage nicht unverbunden zueinander:
„Die Denkvorgänge, die das Beziehungsverhältnis zwischen Lebenssachverhalt und Rechtsnorm festlegen, nennt man Subsumtion. Der Sachverhalt wird der Rechtsnorm unterstellt, d. h. darauf geprüft, ob er deren Tatbestand erfüllt und deshalb die in der Norm angeordnete Rechtsfolge auslöst.“
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Zur Verdeutlichung auch hier eine dreidimensionale Darstellung:

Das sind also Rechtsdiagramme (oder allgemeiner: Sollensdiagramme). Für die Anwendung solcher Rechtsdiagramme in der Lehre soll folgendes Beispiel dienen: Normalfall
Text und Grafiken von Nicholas Backhouse
Quellen:
1: Man kann die Rechtslage auch als „Seinsebene des Rechts“ bezeichnen, vgl. Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 13. Aufl. 2023, § 24 Rn. 8; Wer sich näher mit dieser Frage von deskriptiven und normativen Sätzen beschäftigen will, wird hier fündig: Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. 2008, S. 189 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 12. Aufl. 2022, Rn. 92 ff.; Kantorowicz hat das sehr schön beschrieben in: Auch bei Popper Findet sich eine sehr schöne Erklärung: Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde I, Seite ...
2: Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 12. Aufl. 2022, § 21 Rn. 677.
3: Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 12. Aufl. 2022, § 21 Rn. 677.